Also wusste Stalin von dem bevorstehenden Überfall? Mag sein, dass er all diese - teilweise widesprüchlichen Meldungen (siehe Geheimdienst weiter oben) - zur Kenntnis nahm, er selber diese aber anders interpretierte. Es waren Provokationen einiger Teileinheiten, einiger Offiziere der Wehrmacht, um die Russlandpolitik des Reiches zu stören. Man wollte die Sowjetunion, man wollte ihn, Stalin, provozieren, um losschlagen zu können. Einen Krieg wollte er zu dem damaligen Zeitpunkt unbedingt verhinden, koste es, was es wolle. Wenn ich mich nicht provozieren lassen, dann bricht auch kein Krieg aus, denn den, will ich erst ein paar Jahre später haben. Das war seine Einstellung und erklärt seine depressive Ratlosigkeit in den ersten beiden Wochen nach dem Überfall.


Was ist von der Theorie zu halten, dass Stalin selber einen Angriff (unmittelbar) plante, die Wehrmacht ihm aber zuvor gekommen sein? Nicht viel, da es von sowjetischer Seite aus keine militärischen Vorbereitungen für einen Angriff, ja noch nicht einmal für eine Verteidigung gab. Durch den Hitler-Stalin-Pakt wurde die Grenze der Sowjetunion um ca. 300 Kilometer nach Westen verschoben. Dies machte neue Grenzsicherungen notwendig, die im Sommer 1941 noch nicht abgeschlossen waren, was wiederum die erhöhte Bauaktivität und letztendlich militärische Aktivität erklärt. Mit unmittelbaren Angriffsvorbereitungen hatte all dies nichts zu tun. Es dient auf deutscher Seite revanchistischer Vertuschung, um die eigene Kriegsschuld abzumildern.


Es ist auf der anderen Seite sehr wahrscheinlich, dass sich Stalin langfristig auf eine militärische Auseindersetzung mit dem Dritten Reich einrichtete. Kurzfristig allerdings nicht, denn dann wäre eine solche Überraschung, ja Ingnoranz seitens der Roten Armee gegenüber den Angraiffsvorbereitungen der Wehrmacht nicht zu erklären gewesen. Eine Rechtfertigung für den Weltanschauungskrieg, den die Wehrmacht dann im weiteren Verlauf des Unternehmens Barbarossa in den Gebieten der UDSSR dann umsetzte, gibt es nicht. Auschwitz, Treblinka und Maidanek begannen weit vorher mit den Sonderkommandos der Waffen-SS in den besetzten Gebieten. In diesen wurde unverzüglich mit der Säuberung von "unwertem" Leben begonnen. Juden und Slawen sind in der Rasseideologie der Nazis Untermenschen gewesen, die keine physische Daseinsberechtigung hatten. Der Kommunismus musste vernichtet werden. Er musste physisch vernichtet werden, was sich dann im sogenannten Kommissarbefehl niederschlug.