So langsam wird es ernst für die EZB: Folgen nach den Andeutungen zahlreicher Währungshüter, dass die Notenbank bereit ist für weitere Expansivmaßnahmen, in dieser Woche tatsächlich Taten? Die Märkte dürften den letzten Konjunkturzahlen in der Eurozone kurz bevor am Donnerstag der Vorhang für Mario Draghi gelüftet wird, nun erhöhte Aufmerksamkeit zukommen lassen. Das gilt in besonderem Maße für die heute anstehende Inflation, die bereits in den vergangenen Monaten nahezu konsequent auf der Unterseite überrascht hat. Auch im Mai ist die Chance groß, dass die Konsens- und HSBC- Erwartung einer unveränderten Jahresteuerung von 0,7 % unterschritten wird, nachdem die deutsche Inflation im Mai trotz der soliden Konjunkturerholung überraschend auf den tiefsten Stand seit gut vier Jahren abgerutscht ist. Zwar richtet sich die Entscheidung der EZB vor allem nach den Erwartungen über die mittelfristige Preisentwicklung – weswegen in besonderem Maße die neuen Inflationsprognosen im Fokus stehen werden –, die aktuellen Zahlen zur Teuerung dürften aber dennoch die Angst der Wäh- rungshüter befeuern, dass die Preise für einen längeren Zeitraum auf einem niedrigen Niveau verharren. Öl ins Feuer drohen in diesem Zusammenhang auch nochmal die Daten zum Arbeitsmarkt in der Eurozone zu geben. Nachdem sich zum Jahreswechsel leichte Besserungstendenzen abzeichneten, sollte die Arbeitslosenquote im April bereits den vierten Monat in Folge unverändert bei 11,8 % verharren – kein Umfeld, in denen Arbeitnehmer höhere Lohnforderungen durchsetzen können und somit mittelfristig zu einem Anzie- hen der Inflation beitragen würden. Selbst in Deutschland, wo der Arbeitsmarkt beinahe im krassen Gegensatz zu dem des restlichen Währungsraums steht und wo durchaus beachtliche Tariflohnerhöhungen durchgesetzt werden konnten, hält sich die Kostenüberwälzung bisher offensichtlich in Grenzen. Per Saldo sollte am Donnerstag bei der EZB mindestens die Reduzierung des Leitzinses und die Einführung eines leicht negativen Einlagesatzes auf der geldpolitischen Agenda stehen. Die überraschendste Nachricht des Tages kam gestern wohl aus Deutschland, wo die Inflation unerwartet und deutlich auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren gesunken ist. Nach nationaler Berechnung fielen die Preise im Monatsvergleich um 0,1%, was die Jahresrate deutlich von 1,3 % auf 0,9 % drosselte. Der HVPI gab noch kräftiger um 0,3 % gg. Vm nach, damit liegt der Index nur noch um 0,6 % höher als vor einem Jahr (April: 1,1 % gg. Vj.). Die rückläufige Teuerung ist wohl vor allem auf günstigere Lebensmittelpreise zurückzuführen. Erstmals seit gut drei Jahren stiegen die Preise für Lebensmittel im Jahresvergleich wieder weniger stark als die allgemeine Inflation. Der Konsens ging im Mai von moderat steigenden Preisen aus. Die deutliche Enttäuschung dürfte für die EZB das Entscheidende sein, um sich am Donnerstag zu weiteren Expansivmaßnahmen durchzuringen. Mit deutlich niedrigeren Inflationsraten in Deutschland rechnen wir aufgrund der soliden konjunkturellen Erholung und des gesunden Arbeitsmarktes derweil nicht. Der Rückgang des PMI-Index für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland um 1,8 auf 52,3 Punkte sollte in diesem Zusammenhang nicht überbewertet werden. Der Rückgang signalisiert zwar eine nachlassende Schwungkraft, eine grundsätzliche Fortsetzung der Expansion der Industrie steht mit diesem deutlich im Wachstumsbereich notierenden Wert aber außer Frage. Die US-Konjunktur scheint sich derweil keine Atempause zu gönnen, darauf deutet zumindest der neuerliche Anstieg des ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe von 54,9,0 auf 55,4 Punkte hin. Hinter dem Anstieg stehen weiterhin teils auch die markanten Aufholeffekte im Anschluss an den kalten Winter. Der Euro ist zum US-Dollar nur moderat unter zusätzlichen Druck geraten und notiert weiter in Schlagdistanz zur 1,36 USD. Ein nachhaltiger Impuls dürfte erst am Donnerstag von der EZB-Entscheidung ausgehen. Die
australische Notenbank hat ihren Leitzins erwartungsgemäß unverändert bei 2,50 % belassen. Vor dem 4.
Quartal 2014 zeichnet sich keine Straffung der geldpolitischen Strategie ab.